Andreas Siekmann Wirtschaftsweisen

Andreas Siekmann
Wirtschaftsweisen

Bürogebäude AK Wien Plößlgasse, 2015

Text von Nina Schedlmayer

„Wirtschaftsweisen“ von Andreas Siekmann

Gleich im Entrée des Bürogebäudes der AK Wien in der Plößlgasse stößt man auf eine Wandinstallation des deutschen Künstlers Andreas Siekmann, der in seinen Zeichnungen, Installationen und Gemälden scharfe Kapitalismuskritik übt. Seine Arbeit setzt sich über sechs Stockwerke hinweg fort und nennt sich „Wirtschaftsweisen“ – ein Wortspiel, das nicht nur auf die vielbeschworenen und gern als allwissend dargestellten „Wirtschaftsweisen“ verweist, sondern auch die verschiedenen Arten (also „Weisen“) des Wirtschaftens einbezieht. Siekmann übersetzt die komplizierten Beziehungen und Zusammenhänge zwischen Politik, Finanzwirtschaft, Konzernen und Lohnarbeit in Piktogramme. Diese gehen, wie schon in früheren Arbeiten Siekmanns, auf die Isotype (International System of Typographic Picture Education) zurück, die in den 1920er- und 30er-Jahren vom Ökonom Otto Neurath und dem Grafiker Gerd Arntz entwickelt wurden. Eine Figur – der „Wirtschaftsweise“ – hält jeweils eine Tafel, auf der bestimmte ökonomisch-politische Vorgänge dargestellt werden: „Wettbewerb“, „Wettbewerbsvorteil“, „Public Social Private Partnership“, „Good Corporate Governance“, „Corporate Social Responsibility“, „Wettbewerbsausstieg“.

Mit jeder Etage werden die Szenarien dabei komplexer; es ist, als würde der Künstler immer weiter und weiter „graben“. Im Erdgeschoss, gleich beim Eingang, stehen Arbeiter und Arbeitslose einander gegenüber. Ein Stockwerk weiter oben kommen schon Beraterfirmen ins Spiel, später das Finanzierungsinstrument der Public Private Partnership: Monetäre Zuwendungen werden übergeben, wobei Karten mit dem Aufdruck „m²“ suggerieren, dass im Gegenzug Immobilienprofite winken. In der fünften Etage präsentiert der Wirtschaftsweise ein „dreigliedriges Verhandlungsszenario über Lohn, Standort und Risiko“ (Siekmann). Wirtschaftsbosse vereinbaren Deals, Arbeiter tragen statt eines Kopfes Uhren – Figuren, die nur noch als Verschubmasse in einem undurchschaubaren Ineinander globaler Kapitalströme dienen. Siekmanns Bilder greifen explizit einen ungebremsten Kapitalismus und dessen desaströse Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Einzelnen an. Die Arbeit korreliert mit der Institution AK, die gegen Ausbeutungsmechanismen innerhalb von globalisierten, immer schwerer fassbaren wirtschaftlichen Strukturen kämpft, in denen transnationale Konzerne kaum Steuern zahlen und das Vermögen von deren Eigentümern ins Unermessliche wächst.

Andreas Siekmann, Kunst am Bau 2015

Fotos: Bruno Klomfar

Andreas Siekmann, Kunst am Bau 2015