: Katrin Plavčak: Paradigmenwechsel
Im Rahmen des Plakatprojekts der Arbeiterkammer Wien, dem Katrin Plavčak die Überschrift Paradigmenwechsel gegeben hat, zeigt die Künstlerin zwei Bilder mit den beziehungsreichen Titeln Generationenvertrag und Generationenkonflikt. Der Standort, an dem die beiden auf Lastwagenplanen gedruckten Malereien im Stadtraum zu sehen sind, ist durchaus treffend für die Thematik, nämlich an der Ecke eines Gebäudes, in dem eine Institution für Erwachsenenbildung und auch der Kindergarten der AK untergebracht sind.

„Der Begriff Generationenvertrag ist nicht juristisch, sondern bildlich zu verstehen, da zwischen den Generationen kein juristisch einklagbarer Vertrag geschlossen werden kann“, schreibt Gunther Tichy.(1) Katrin Plavčak hat mit ihrem sensiblen und scharfen Auge für das Abgründige im Alltäglichen das prekäre Verhältnis zwischen Alten und Jungen, zwischen Großeltern-, Eltern- und Kindergenerationen in ihre Bildsprache umgesetzt. Im Generationenvertrag (2014) sind es Vater und Sohn, die in einem kunstvollen Balanceakt ihr Zusammenspiel vorführen: In dem nach einem Dokumentationsfoto von Zirkusartisten gemalten Bild trägt der Jüngere in einer höchst instabilen Situation im Wasser stehend den Älteren, was aber nur möglich ist, weil alle beide ihr artistisches Können, ihre Tradition, ihr Wissen und ihr Training in diesen Akt einbringen und damit ihre gegenseitige Abhängigkeit in scheinbar überlegene Virtuosität verwandeln können.

Plavčaks Generationenkonflikt (2014) nimmt ein anderes Szenario auf, das gewaltsame Gegeneinander innerhalb einer konfusen Gruppe von Menschen, die sich lemurenhaft bis gesichtslos in der Menge verlieren oder gleich die Flucht ergreifen. Alles Gemeinschaftliche ist in dieser Szene bereits gekippt, der Angreifer wird zum Angegriffenen, während sein am Boden liegendes Opfer keinen mehr zu interessieren scheint. Bizarre Vereinzelung, Vulgarität und Angst beherrschen dieses Bild, dessen forcierte Fischaugenperspektive zugleich zur Metapher für die Gewalt und Perspektivlosigkeit einer Gesellschaft wird, in der die herrschende kapitalistische Ideologie und Ökonomie die Entsolidarisierung und Egozentrik der Menschen zu ihrem Prinzip von Profit und Machterhaltung durchgesetzt haben.

Katrin Plavčak richtet ihren analytischen Blick auf die Welt und die gesellschaftlichen Verhältnisse. Ihre große Kunst liegt darin, für komplexe und unterschiedliche Themen und Zusammenhänge Bilder zu erfinden, in denen es ihr gelingt, in ihren malerischen Verdichtungen luzide, unter die Haut gehende Erkenntnis mit Schrecken und manchmal auch mit schmerzhafter Komik zu verbinden, um gerade darin ihre emphatische politische Kritik zum Ausdruck zu bringen.

Anmerkungen
1 Gunther Tichy: „Der hochgespielte Generationenkonflikt – ein Spiel mit dem Feuer“ In: Zukunftsforum Österreich: „Generationenkonflikt – Generationenharmonie: Sozialer Zusammenhalt zur Sicherung der Zukunft“ Verlag des ÖGB, Wien 2004, S. 311. Quelle: www.iilp.at/index.php?download=110.pdf‎. Gunther Tichy.


Silvia Eiblmayr