: Das „Je ne sais quoi“
Wenig außerhalb von Wien gelegen, ist Gugging längst zum Inbegriff – für manche auch zum umstrittenen Symbol – für außergewöhnliche Kunst geworden. Leo Navratil, der an der damaligen Landesnervenheilanstalt Gugging seit 1956 als Psychiater tätig war, hatte dort 1981 das „Zentrum für Kunst- und Psychotherapie“ gegründet, das heutige „Haus der Künstler“. Zusammen mit dem „museum gugging“ und der „galerie gugging“ gilt es vielen als Modell und besitzt breite internationale Ausstrahlung. Nur wenige wissen jedoch, dass zu diesem von Johann Feilacher gründeten Komplex auch das „offene atelier“ gehört. Geführt von Ramona Schnekenburger und Julia Haimburger, steht es von Montag bis Freitag ohne Vorbehalt und unentgeltlich jeder und jedem offen. Bedingung ist, dass man nicht als passiver Zuschauer oder neugieriger Besucher anrückt, sondern dort künstlerisch tätig ist. Somit ist das „offene atelier“ auch die am besten versteckte Kunstakademie Österreichs.

Eingeladen von der Arbeiterkammer Wien, in der Wartehalle des Beratungszentrums in der Prinz-Eugen-Straße ein Projekt zu realisieren, entschied sich der Wiener Künstler Constantin Luser, ins „offene atelier“ nach Gugging zu fahren. Er wollte in diesem Umfeld zeichnen, aber auch erproben, ob sich aus seiner künstlerischen Tätigkeit eine Zusammenarbeit mit anderen Künstlerinnen und Künstlern ergeben könnte. Dem ganzen Vorhaben lag ein „Je ne sais quoi“ zugrunde, ein unverfrorenes und großzügiges „Was-auch-immer“. Zusammen mit der AK Wien sind wir dieser Haltung mit verzweifelter Gelassenheit begegnet, Gugging hat darauf mit vorsichtiger Neugierde reagiert und die Künstlerinnen und Künstler vor Ort mit Begeisterung. Luser hatte Stifte, Papier, Zigaretten und Draht dabei, denn mit letzterem übersetzt er seit einiger Zeit seine zeichnerischen Raumfaltungen und mentalen Linienfahrten ins Dreidimensionale. Seit Oktober arbeiten nun Künstlerinnen und Künstler aus Gugging an drahtgeformten Objekten, wobei sich das Resultat noch nicht beschreiben lässt. Damit aber Prozess und Ort nicht unterschlagen werden, hat Luser einerseits den Reisejournalisten Helge Timmerberg für einen begleitenden Text angefragt, andererseits dokumentiert nicht nur der Fotograf Markus Rössle die Geschehnisse, sondern auch die Hündin Couscous. Sie ist sozusagen die Kamerafrau der Wiener Künstlerin Sabina Teichert und spaziert gemächlich mit dem Gerät am Hals durch den Gugginger Kunstkomplex, um aus Froschperspektive zu filmen, was dort ist. Die sich über viele Stunden hinwegziehenden Aufnahmen werden schließlich für „Je ne sais quoi“ von Sabina Teichert zum Film geschnitten und ebenfalls in der AK Wien gezeigt.

Daniel Baumann